Analfissuren
Dies ist kein Thema der Zahnmedizin!
Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten zwischen dem Anfang des
Verdauungstraktes, der Mundhöhle und dessen Ende, dem
Schließmuskel des Anus (Musculus sphinkter ani externus). In
beiden Bereichen befinden sich sehr viele Bakterien. Können
bestimmte Bakterien in der Mundhöhle zu Erkrankungen wie Karies
und Periodontitis marginalis führen, so sind Bakterien im analen
und perianalen Bereich dafür verantwortlich, daß
Mikroverletzungen mitunter nicht heilen; zu Ekzemen führen und
schmerzhaften Fissuren.
Diese Einrisse am Übergang der Rektumschleimhaut zur
äußeren Haut machen sich auf ganz bestimmte Weise
äußerst schmerzhaft bemerkbar- während der
Defäkation und nach einer Latenzphase von bis zu 30 min. als
langanhaltender Dauerschmerz über mehrere Stunden.
Fäkalienreste reizen hierbei die vielen Schmerzrezeptoren auf den
Muskelzellen des Musculus sphinkter ani. Der Heilungsprozeß wird
immer wieder von neuem unterbrochen durch die nachfolgende
Defäkation.
Die Verwendung von Opiaten als Schmerzmittel gegen den
unerträglichen Dauerschmerz verstärkt das Problem nur, da
diese Medikamente als Nebenwirkung den Muskeltonus des M. sphinkter ani
erhöhen und zur Obstipation führen.
Liest man zu diesem Thema die Fachliteratur, so wird zunächst
immer darauf hingewiesen, daß bei diesem Krankheitsbild als
erstes ein Rektumkarzinom/Analkarzinom ausgeschlossen werden
muß.
Zur Therapie ist es wichtig, für weiche Konsistenz des Faeces zu
sorgen, am besten durch eine ballaststoffhaltige Ernährung.
(Abführmittel sollten nur im Ausnahmefall gebraucht werden.)
Des weiteren aber liest man in der Fachliteratur, die Ursache dieser
Analfissuren wäre in einem erhöhten Muskeltonus des M.
sphinkter ani zu suchen. Dieser Logik folgend wird zur Therapie die
Anwendung einer nitroglycerinhaltigen Salbe (Rectogesic) empfohlen, die den Tonus des Muskels vermindern und damit die Schmerzen lindern soll.
(Häufigste Nebenwirkung dieser
Salbe ist der nach Auftragen wenige Minuten später einsetzende
Nitratkopfschmerz, welcher durch die Erweiterung der
Blutgefäße im Kopf zustande kommt und vielen Patienten, die
bei instabiler Angina pectoris Nitroglycerin als Sublingualkapseln oder
Spray notfallmäßig anwenden müssen, bekannt ist.)
Sollte nach drei Monaten der Anwendung der Salbe die Analfissur nicht
abgeheilt sein, wird in der Fachliteratur zur Operation geraten.
Hierbei werden einige Muskelfasern des M. sphinkter ani durchtrennt,
was den angeblich erhöhten Tonus des Muskels vermindern soll.
Wichtigste mögliche Nebenwirkung
dieser Operation aber ist die Inkontinenz, die mitunter erst Jahre
später auftreten kann!
Danach muß der Patient weitere drei Monate warten, bis die
Wunde abgeheilt ist und in dieser Zeit hat er nach wie vor Schmerzen.
Bestimmte Beobachtungen dieses Krankheitsbildes legen jedoch eine andere Pathogenese nahe:
Der Muskeltonus des
Schließmuskels mag durchaus erhöht sein, jedoch ist dies
eine Folge und nicht die Ursache der Fissur. Die Tonuserhöhung
geschieht einfach reflektorisch auf die Schmerzen hin. Für die
Therapie der Analfissur ist der erhöhte Muskeltonus
nebensächlich, denn die Therapie heißt- ähnlich wie in
der Mundhöhle zur Ausheilung vieler entzündlicher Prozesse- Sauberkeit!
Praktisch kann diese Forderung wie folgt umgesetzt werden:
Unmittelbar nach dem
Toilettengang hockt man sich in einer Duschkabine hin und säubert
den Anus mit klarem Wasser mit einem Finger durch Reiben und dabei
Spülen, auch und gerade das Ende der Rektumschleimhaut, welche
sich zunächst schleimig anfühlt. Dazu sollte versucht werden,
den Sphinkter willentlich etwas zu entspannen, um auch die
Ausläufer der Rektumschleimhaut zu erreichen. Nur Abduschen allein
genügt nicht! Aus Gründen der Hygiene kann ein puderfreier
Gummihandschuh oder Fingerling benutzt werden. Seife sollte nicht
aufgetragen werden, da diese die Schleimhaut aufgrund ihres basischen
pH- Wertes empfindlich schädigen kann.
Da die Rektumschleimhaut durch diese Art des Waschens ihrer
Schleimschicht beraubt wird, muß diese anschließend mit
einer Feuchtigkeitscreme ohne Alkoholanteil ersetzt werden.
(In Indien benutzt man bekanntlich kein
Toilettenpapier, sondern neben jedem WC befindet sich ein Wasserhahn
zur Säuberung des Anus mit der linken Hand, welche dann im
gesellschaftlichen Leben als die unreine betrachtet wird. Es wäre
interessant, zu vergleichen, ob das Krankheitsbild der Analfissur in
Indien seltener auftritt, als in Europa.)
Durch die sofortige Entfernung eines Großteils der
Fäkalbakterien wird der Heilungsprozeß der Analfissur nicht
unterbrochen, gleichzeitig werden die Schmerzrezeptoren auf den
freiliegenden Muskelfasern weniger gereizt, weniger eindringende
Bakterien verursachen weniger Begleitentzündung als Ausdruck
der Immunabwehr dieser Bakterien. Nach wenigen Tagen sollte durch die
beschriebenen Maßnahmen bereits eine deutliche Besserung
eingetreten sein, nach höchstens zwei Wochen müßte die
Fissur analog einer Rißwunde beispielsweise am Finger
vollständig verheilt sein. Es ist sehr zu empfehlen, diese Art der
Analhygiene auch nach dem Ausheilen der Fissur stetig
fortzuführen, so können Rezidive nahezu sicher vermieden
werden, die Gefahr einer späteren Inkontinenz besteht nicht mehr.
Auch nach schweißtreibenden Tätigkeiten wie Gartenarbeit
oder vor allem in Verbindung mit mechanischer Alteration
(Fahrradfahren) sollten diese Hygienemaßnahmen durchgeführt
werden.
Ich möchte betonen, daß ich beim Studium der
Fachliteratur an keiner Stelle die von mir beschriebenen
Hygienemaßnahmen als Therapieempfehlung finden konnte.
Einzig klinische Beobachtungen dieser Art von Hygiene und deren
Langzeiterfolge führten mich dazu, diesen Artikel zu schreiben. Da
ich nicht damit rechnen kann, daß eine Fachzeitschrift derart
banale Therapieempfehlungen veröffentlicht, möchte ich auf
diese Weise mittels unserer Praxiswebsite meine klinischen
Beobachtungen auf zugegebenermaßen fachfremdem Gebiet
bekanntmachen.